Die Basler Fasnacht ist urkundlich schon im 14. Jahrhundert belegt, doch das heutige Erscheinungsbild mit ihren klassischen Figuren, wie der Waggis oder die Alti Dante, bildete sich erst im 19. Jahrhundert heraus. Noch etwas später entstanden die Basler Künstlerlarven und die zahlreichen Larvenateliers, die das einzigartige Gesicht der heutigen Fasnacht prägen und Teil des UNESCO Weltkulturerbes sind. Sie entstanden erst 1921 und können dieses Jahr somit auf 100 Jahre zurückblicken.
Dieses Jubiläum nehmen wir zum Anlass, um in unserem virtuellen Maskenmuseum einige der ersten Basler Künstlerlarven vorzustellen. Unser herzlicher Dank geht dafür an den Besitzer einer Luzerner Privatsammlung, der uns seine Larven zum Fotografieren zur Verfügung gestellt hat.
Maskenimporte aus Thüringen, Italien, Frankreich
Vor 1921 wurden die Larven aus Italien, Frankreich und Deutschland importiert, wobei insbesondere die Produktion in den Maskenfabriken im Thüringer Wald rund um Sonneberg, Ohrdruf und Manebach eine große Rolle spielte. Die Masken aus Papier, Gaze, Drahtgaze oder gewachster Leinwand wurden über Kataloge und Maskengarderoben zu günstigen Preisen weltweit vertrieben. Basel war als Großabnehmer von Larven ein guter Kunde und so wurden teilweise auch spezifische Larven für Basel in das Sortiment aufgenommen. So bot die Maskenfabrik Hanf in Ohrdruf z. Bsp. 1925 in ihrem Katalog ausdrücklich auch Waggis-Larven an. Teilweise wurden die importierten Larven in Basel noch neu gemalt und überarbeitet, damit sie besser zu den Figuren passten. Mehr dazu findet sich in den Firmenportraits in unserem virtuellen Maskenmuseum: Maskenfabrik Heintz&Kühn, Maskenfabrik Hanf, Maskenfabrik Nick, …
Vom Import zur Basler Künstlerlarve
1921 entschied sich die Fasnachtsgesellschaft Olympia für das Sujet „Moderne Kunst“, eine Persiflage auf die Politik des staatlichen Basler Kunstkredits. Der Entwurf sah eine kubistisch gezeichnete Larve vor. Jedoch fand sich in den Katalogen der Maskenfabriken keine geeignete Larve und so wurde der damalige Laternenmaler und Kulissenbildner des Stadttheaters Paul Rudin angefragt, eine passende Larve zu fertigen. Dieser schuf einen Entwurf und kaschierte im Malersaal des Theaters mit Gipsnegativen, Zeitungspapier und geleimter Kulissenleinwand nach einigen Versuchen die ersten einigermaßen brauchbaren Larven.
Weitere Entwicklung: Atelier Métraux und Adolf Tschudin
Die Technik von Paul Rudin setzte sich in Basel schnell durch. Emil Métraux waren diese ersten Larven aufgefallen und schon 1922 stellte das Atelier Métraux & Cie. mit Unterstützung von Paul Rudin kaschierte Larven her. 1925 schrieb der Kunstkredit Basel auf Veranlassung von Métraux & Cie. einen Wettbewerb für Larvenentwürfe aus, der sehr viel Anklang in der Öffentlichkeit und bei den örtlichen Künstlern fand. Die Firma stiftete 600 Franken Preisgeld und sicherte sich im Gegenzug das Nutzungsrecht an den Entwürfen. So geschah der Durchbruch für die Basler Künstlerlarve im Atelier Métraux in Zusammenarbeit mit dem Basler Kunstkredit.
Parallel dazu warb 1925 auch Adolf Tschudin, der bei Rudin als Malerlehrling gelernt hatte, bekannte Basler Künstler für die Entwürfe seiner Larven an und so wurde dr‘Larve-Tschudin bald zu einem führenden Lieferanten speziell für Einzelmasken. Alphonse „Fuffi“ Magne, der ebenfalls bei Rudin das Kaschieren gelernt hatte, konzentrierte sich dafür auf die Herstellung von großen Stückzahlen für die Cliquen und wurde in den 1930er Jahre zum dominierenden Lieferanten. Er erfand 1934 auch das sogenannte „Güpfi“, die kaschierte Kopfschale. Sie verbesserte den Tragekomfort und ermöglichte viel größere Maskenformen und Aufbauten. Anfangs wurden die Larven hauptsächlich aus geleimter Leinwand hergestellt, es fanden aber auch Versuche mit gewachstem Tuch sowie mit Massen aus Holzschliff, Ton, Kreide und Leim statt. Schließlich setzt sich aber die Kaschierung mit Malerabdeckpapier durch.
Bereits nach 10 Jahren hatten sich die selbst kaschierten Larven in Basel durchgesetzt und die importierten Larven verdrängt. So gab es in den 1930er Jahren in Basel bereits mehrere renommierte Larven-Ateliers. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung wurden die Qualität und Haltbarkeit der Basler Larven immer weiter verbessert. Auch auf den Tragekomfort wurde mehr Wert gelegt. Mittlerweile wird immer häufiger das Papiermaché als Larvenmaterial durch Kunstharze oder Polystyrol ersetzt und teilweise werden die Larven auch industriell tiefgezogen.